Es gibt Leute, die beim Verlust eines geliebten Menschen selbst sterben...
Selten habe ich ein so emotionales. freches und bissiges Buch gelesen wie dieses. Clare Furniss versteht es, in "Das Jahr, nachdem die Welt stehen blieb", eine wirklich tragische Situation absolut unkonventionell zu schildern. Die Hauptperson ist eine 15-jährige Teenagerin, Pearl, die durch den Tod ihrer Mutter völlig aus der Bahn geworfen wird. Von ihrem Stiefvater schottet sie sich ab, ihre neugeborene Schwester hasst sie, weil sie ihr die Schuld am Tod ihrer Mutter gibt, und ihre beste Freundin stößt sie nur noch vor den Kopf. Ab und zu taucht der Geist der toten Mutter auf, der genießt, auf der eigenen Beerdigung in der Kirche zu rauchen, weil keiner außer Pearl sie sieht. Auch sonst wirkt die Mutter nicht besonders engelhaft oder religiös, sie gibt auch keine Auskunft, was nach dem Tod kommt. Sie ist manchmal einfach da, und genauso schnell wieder weg. Dann gibt es noch Pearls Großmutter, die nie mit ihrer Schwiegertochter auskam, und den netten Enkel der Nachbarin...
Die Autorin schildert greifbar die Trauer. Pearl fühlt sich von allen verraten und verlassen. Auf einmal macht es für sie einen Unterschied, dass sie nur die Stieftochter ihres Vaters ist und Rose seine "echte" Tochter. Statt ihrem Vater beizustehen, macht sie durch ihr Verhalten alles noch schlimmer. Das Buch ist in Monate unterteilt, so erzählt die Autorin ein ganzes Jahr nach dem Tod von Pearls Mutter. Nur langsam bekommt Pearl wieder Boden unter den Füßen und findet stückchenweise ins Leben zurück. Ich denke schon, dass dieses Buch für Kinder bzw. Jugendliche hilfreich sein kann, wenn sie selbst einen Verlust erlitten haben. Wut und Trauer müssen erstmal verarbeitet werden. Natürlich sollte nicht jeder erstmal so einen Absturz durchleben müssen wie Pearl, aber jeder trauert anders, und es ist wichtig, sich selbst auch die negativen Gefühle einzugestehen und darüber zu reden. Dieses Buch ist jedenfalls etwas ganz besonderes.