ZitatHier am Teich wird mir klar, dass ich mit Cherry reden kann, ohne zu sprechen. Dass mit ihr zusammen alles möglich ist. Mit Cherry bin ich in der Realität angekommen, neugierig auf jeden Tag, den ich mit ihr zusammen verbringe. (S. 105)
Die vierzehnjährige Alice Blumberg hat in ihrem Leben schon viele Neuanfänge machen müssen. Mit ihrer Mutter, einer ehrgeizigen Opernsängerin, zieht sie von Ort zu Ort, wo sie sich meist für die Dauer einer einzigen Spielzeit einrichten muss. Freundschaften zu schließen, ist unter diesen Umständen nicht leicht. Doch dieses Mal ist es anders. Sie lernt dieses eigenwillige Mädchen mit den verrückten Einfällen kennen, das sich selbst Cherry nennt. Zwischen ihnen entwickelt sich eine einzigartige Freundschaft. Doch das Unglück kann gleich hinter der nächsten Ecke lauern... Meine Meinung
Als ich das Buch zum ersten Mal sah, ist mir sofort das wunderschöne Cover aufgefallen. Da ich mir aber nicht sicher war, was für eine Geschichte mich erwarten würde und weil die Protagonistinnen so jung sind, habe ich es nicht weiter im Auge behalten. Bis plötzlich eine Einladung zur Leserunde bei mir eintrudelte und meine Neugier neu geweckt war. Vorweg: Ich bin froh, dass ich dieses Buch lesen durfte, denn es hat sich auf jeden Fall gelohnt.
"Love Alice" ist in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich. Obwohl es so dünn ist, stecken die 160 Seiten voller Tiefe und Emotionen.
Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen, war jedoch ein wenig ungewohnt, sodass ich ein bisschen Zeit gebraucht habe, um in die Geschichte hineinzufinden. Die Abschnitte und Kapitel sind oft kurz, aber inhaltsreich, und manchmal habe ich sehr langsam oder einige Stellen mehrfach gelesen, um die Worte auf mich wirken zu lassen.
Sehr gut eingefangen ist die Atmosphäre der einzelnen Szenen. Zudem versteht die Autorin sich darauf, die bedrohliche Grundstimmung durch scheinbar nebensächliche Beschreibungen und Einschübe zu gestalten.
Die Geschichte wartet mit besonderen Charakteren auf, im Mittelpunkt natürlich Cherry, die etwas Rebellisches und Waghalsiges an sich hat, aber zugleich sehr verletzlich ist. Daneben war für mich besonders Hannah Blumberg, Alices Mutter, und ihre Beziehung zu ihrer Tochter interessant dargestellt, in dem Kontrast ihres stetigen nach oben Strebens und ihrer Verlassenheit. Dafür rückt Ich-Erzählerin Alice meines Empfindens nach ein wenig in den Hintergrund. Man spürt zwar, wie sehr sie auf der Suche ist - nach sich selbst und dem Leben - und ihre Entwicklung während der Freundschaft und ihr Umgang mit dem Unglück erschienen mir sehr überzeugend und authentisch. Allerdings bin ich zu ihr dennoch eher auf Distanz geblieben.
Mit der Freundschaft und dem Verhalten der beiden Mädchen konnte ich mich nicht wirklich identifizieren - meine persönlichen Erfahrungen mit Freundschaften in diesem Alter unterscheiden sich sehr davon - , aber das ist nicht unbedingt negativ, denn gerade deshalb war es spannend, bei "Love Alice" etwas ganz anderes zu erlesen.
Es handelt sich um eine Geschichte, die schwer im Magen liegt und nachdenklich und traurig stimmt. Sie zeigt, dass es Menschen wie wir sind, von deren Unglück wir in den Medien erfahren, Menschen mit Träumen, Hoffnungen, Familie, Freunden, einem Leben voller Möglichkeiten. Die schlechten Seiten der Welt treffen nicht immer nur andere. Und gerade aus diesem Grund sollten wir die schönen schätzen.
Fazit
Insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen, auch oder gerade weil ich es mit sehr gemischten Gefühlen gelesen habe. Es ist sehr gekonnt konzipiert und emotional geschrieben. Was mir zum fünften Stern gefehlt hat, ist schwer zu benennen. Vielleicht liegt es daran, dass mir die Art der Mädchen so fremd war. Wer sich vom ersten Eindruck angesprochen fühlt, sollte sich auf jeden Fall an "Love Alice" heranwagen!
"Als ich als kleines Kind Angst vor Monstern hatte, hat sie mir erklärt, dass es keine gibt. Menschen seien die Monster, sagte sie. Menschen führen Kriege, töten und quälen Tiere.
Aber wir beide glauben nicht an den Teufel, auch nicht an Monster, sagte Mama, nur an uns selbst. Ich fand das beruhigend. Auch weil ich keine bösen Menschen kenne. Im Grunde genommen kenne ich überhaupt kaum jemanden - dafür sind wir zu viel unterwegs."
S.13
Alice Blumberg hat es als vierzehnjährige Tochter der berühmten Opernsängerin Hannah Blumberg nicht leicht. Bereits 5 Schulwechsel hat Sie in kürzester Zeit hinter sich und meist kann Sie nur für eine Spielzeit bleiben.
"Als es zur Pause klingelt, umringen Tuula, Nesrin und andere Mädchen meinen Tisch.
"Woher kommst du?", gurrt Tuula. Später erfahre ich, dass sie selbst aus Finnland stammt. "Wie lange bleibst du?" Nesrins helle Stimme ist voller Luft.
Ich sehe sie an, zücke die Schultern. Wo soll ich anfangen? Dass wir zuletzt in Japan ware, aber nur kurz, vorher in einer kleinen Stadt in der Nähe von Aachen, davor... Ob jemand weiß, wie lang eine Spielzeit ist?"
S.27
In Cherry meint Alice eine gute Freundin zu finden. Doch diese begegnet Alice mit Ablehnung.
""Du brauchst mir nicht hinterherzulaufen", sagt Cherry sehr deutlich.
Ich sehe sie an, während mein Bauch gefriert.
"Du gehst ja doch wieder weg", fügt Cherry hinzu.
Ich sehe sie verständnislos an, was sie aber noch mehr zu ärgern scheint.
"Was heißt das, weg? Ich bin doch da", antworte ich unsicher und drücke weiter gegen die Tür.
Cherry stemmt sich dagegen.
"Hau ab!", brüllt sie auf einmal mit solcher Wucht, dass ich Angst bekomme.
S.44
Mit der Zeit schaffen es die beiden, sich behutsam anzufreunden und sich so aus ihrer Isolation zu befreien.
"Cherry ist wie eine Katze, die es sich gerade bequem gemacht hat und sich bei kleinster Erschütterung zurückziehen würde."
S.71
Auf 154 Seiten durchleben wir eine innige Freundschaft, wilde Mutproben und werden gedanklich in die Vergangenheit zu eigenen Kindheitserinnerungen gerissen. Doch dies endet, wie ein harter Schlag ins Gesicht, jäh durch einen Fehler. Ein Fehler, der Alice gesamtes, früheres Leben kosten wird...
Vom Titel, zum Cover bis hin zu der Geschichte ist alles wunderbar stimmig und so wundert es mich nicht, dass Nataly Savina´s "Love Alice" den Peter Härtling Preis gewonnen hat.
Inhalt: Alice muss wieder umziehen, wieder eine neue Stadt kennenlernen und in eine neue Schule gehen. Die fünfte mittlerweile und eigentlich lohnt es nicht sich Freunde zu suchen, denn bald wird sie sicherlich wieder umziehen. Ihre Mutter ist Opernsängerin und schleift sie von einem Ort zum anderen. Doch diesmal ist etwas anders, diesmal lernt sie Cherry kennen, der Beginn einer Freundschaft. Bis ein Ereignis Alice aus der Bahn wirft
Meine Meinung: Love Alice ist ein sehr nachdenklich stimmendes Buch und das obwohl es nichts ist was mich wirklich betrifft, aber das Leben von Alice empfinde ich als sehr traurig und trostlos. Dazu kommt das ihre Mutter viel zu sehr mit sich selber beschäftigt ist als das sie sich noch um Alice kümmern kann. In manchen Situationen hat man eher das Gefühl das Alice sich um sie kümmert.
Ich weiß wie wichtig Freundhschaften sind und so ist es schon traurig zu sehen das Alice nie wirklich welche aufbauen kann und sie dadurch auch in gewisser Weise Schaden nimmt. Manchmal wirkt sie etwas verrückt ein anderes Mal würde ich sie gerne in den Arm nehmen und trösten. Die Mutter möchte ich immer wieder schütteln. Ihre Tochter ist ein Liebesandenken und so behandelt sie sie auch. Alice hat zu gehorchen, wenn sie das nicht tut wird sie psychisch unter Druck gesetzt.
Es ist ein sehr ruhiges aber auch anrührendes Buch was in leichter und verständlicher Form erzählt wird. Nataly Savina hat stets die richtigen Worte gefunden und konnte mir mit ihrer Art die Gefühle der Protagonisten Nahe bringen.
Das Ereignis was Alice aus der Bahn wirft hat man erst spät vorausahnen können und irgendwie hätte ich mir danach mehr gewünscht, denn diese Geschichte auf die sich bereits im Rückentext bezogen wird geschieht doch ziemlich am Ende. Viel wichtiger ist der Autorin die Entwicklung der Freundschaft zwischen Cherry und Alice, dabei empfinde ich das Ereignis als genauso wichtig.